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Abmahnungsschreiben von einer thörichten Heirath an einen Bruder
Sieh, Bruder, wenn man geheirathet hat, so hat man doch eine Frau; und die Frau hat unter andern auch einen Magen, der täglich mit Speise und Trank gefüllt sein will; sie hat einen Leib, welcher bekleidet werden muß; sie hat einen Rang, dem gemäß sie sich anständig betragen muß. Hat man eine Frau, so giebt es gewöhnlich auch Kinder, zuweilen ein ganzes Häuflein; und die kleinen Gäste bringen alle die Erbsünde mit auf die Welt, daß sie nach Hülle und Fülle schreien.
Mein Gott, wo denkst du denn hin? Sieh, du kannst ja jetzt als ein einzelner Mensch, da andere dir den Tisch dekken, mit deinen paar Thalern nicht ausreichen; wie wills denn werden, wenn du eine eigene Haushaltung führen sollst. Bilde dir doch nicht ein, daß man von Liebe satt und selig wird. Trunken und toll wol, aber nicht satt und selig. Es ist ein goldenes Sprüchelchen: Sine Baccho et Cerere friget Venus. Ohne Speise und Trank ist die Liebe kalt. Hunger ist das Grab der Liebe, und Nahrungssorgen der Tod der häuslichen Freuden.
Berlinischer Briefsteller für das gemeine Leben. Berlin 1802